Hochvoltfahrzeuge geraten ja schon beim Transport auf der Fremantle Highway in Brand und lassen sich nicht löschen. Daher sind Elektroautos extrem gefährlich?!?!?!
Ist das wirklich so? Brennen Elektroautos öfter als herkömmliche Fahrzeuge?
Statistiken zeigen tatsächlich, dass Elektrofahrzeuge nicht häufiger brennen als herkömmliche Fahrzeuge. Laut einer Studie des National Fire Protection Association (NFPA) aus dem Jahr 2019 gab es in den USA zwischen 2014 und 2016 durchschnittlich 4 Brände pro 1 Milliarde gefahrener Kilometer für Elektrofahrzeuge im Vergleich zu 55 Bränden für herkömmliche Fahrzeuge. Dies deutet darauf hin, dass Elektrofahrzeuge sogar sicherer sein könnten als ihre konventionellen Gegenstücke.
Ein Grund dafür ist die Tatsache, dass Elektrofahrzeuge weniger bewegliche Teile haben als Verbrennungsfahrzeuge. Dadurch verringert sich das Risiko von Bränden durch mechanische Defekte. Darüber hinaus sind die Batterien in Elektrofahrzeugen oft in speziellen Schutzgehäusen untergebracht, um sie vor äußeren Einflüssen zu schützen.
Es ist auch wichtig anzumerken, dass die meisten Brände bei Elektrofahrzeugen nicht während des normalen Betriebs auftreten, sondern nach Unfällen oder Kollisionen. In solchen Fällen können jedoch auch herkömmliche Fahrzeuge Feuer (wir erinnern uns vielleicht noch an den Einsatz in Schweinbach, als ein Auto mit Benzinmotor in durch ein Scheuentor gerollt ist und aufgrund eines eindringenden Anhängerdeichsel in den Motorraum Feuergefangen hat) fangen. Die schnelle Reaktion der Feuerwehr und die verbesserten Löschsysteme in modernen Elektrofahrzeugen tragen dazu bei, solche Brände schnell einzudämmen und größere Schäden zu verhindern.
Wann ist ein Auto ein Hochvoltfahrzeug und welche Bauarten gibt es?
Ein Hochvoltauto ist ein Fahrzeug, das mit einer Hochvoltbatterie betrieben wird. In der Regel bezieht sich der Begriff auf Elektrofahrzeuge, die eine Batteriespannung von mehr als 60 Volt haben. Diese Hochvoltbatterien liefern die Energie für den Elektromotor des Fahrzeugs.
Es gibt verschiedene Bauarten von Hochvoltautos:
- Batterieelektrische Fahrzeuge (BEV): Diese Fahrzeuge werden ausschließlich durch die Energie aus der Hochvoltbatterie angetrieben. Sie haben keinen Verbrennungsmotor und keine Abgasemissionen. Die Batterie kann über das Stromnetz oder durch regeneratives Bremsen während der Fahrt aufgeladen werden.
- Plug-in-Hybridfahrzeuge (PHEV): Diese Fahrzeuge haben sowohl einen Verbrennungsmotor als auch eine Hochvoltbatterie. Sie können entweder rein elektrisch fahren, indem sie die Energie aus der Batterie nutzen, oder den Verbrennungsmotor verwenden, um zusätzliche Reichweite zu erzielen. Die Batterie kann über das Stromnetz aufgeladen werden.
- Range-Extender-Fahrzeuge: Diese Fahrzeuge ähneln den Plug-in-Hybridfahrzeugen, haben jedoch einen kleineren Verbrennungsmotor, der ausschließlich dazu dient, die Hochvoltbatterie während der Fahrt aufzuladen. Der Elektromotor treibt das Fahrzeug an und die Batterie liefert die Hauptenergie.
- Brennstoffzellenfahrzeuge: Diese Fahrzeuge verwenden Wasserstoff als Brennstoff und eine Brennstoffzelle zur Erzeugung von Elektrizität. Die Elektrizität wird dann verwendet, um den Elektromotor anzutreiben. Brennstoffzellenfahrzeuge sind ebenfalls Hochvoltautos, da sie eine Hochvoltbatterie zur Speicherung von Energie haben.
Wie erkenne ich, ob es sich bei dem verunfallten Fahrzeug um ein Elektroauto / Hochvoltfahrzeug handelt?
Es gibt verschiedenste Möglichkeiten, ein E-Fahrzeug zu identifieren. Einfach ist das auf jeden Fall allerdings nicht. Ich zeige hier einige Möglichkeiten auf und sortiere diese der Reihe nach so, wenn man an das Unfallgeschehnis herankommen würde:
- Kennzeichen: Befindet sich bei einem Fahrzeug mit deutscher Zulassung ein „E“ am Ende des Kennzeichens, kann man davon zu 100% ausgehen, dass es ein Hochvoltfahrzeug ist.
Wie ist es aber umgekehrt? Hat ein Hochvoltfahrzeug immer auch ein „E“ in Kennzeichen?
Hier steckt eine große Gefahr verborgen. Elektrofahrzeuge müssen kein „E“ im Kennzeichen haben!!!
- Aupuffrohre: Wenn man ein Auspuffendrohr sieht, heißt es noch lange nicht, dass keine Hochvolttechnik an Board ist. Hybridfahrzeuge und Rangeextenderfahrzeuge haben auch immer ein Auspuffrohr.
- Fahrzeugmodell: Manche Fahrzeugmodelle gibt es nur als reines E-Fahrzeug. Dann ist es wie z.B. bei einem Tesla klar, dass HV-Technik an Board ist. Das ist auch bei einem Skoda Enyag, Cupra Born oder bei den ID-Modellen von VW der Fall. Das weiß vielleicht auch jemand, der nicht ein totaler Auto-Insider ist.
Aber wie sieht es bei Modellen aus, die es schon seit Ewigkeiten als Verbrenner gibt und nun ebenfalls als Hybrid oder Mildhybrid angeboten werden. Dies ist z.B. bei diversen Audi Modellen (A4, A6, Q5…) der Fall. Hier steht dann mit etwas Glück noch ein „Hybrid“ als Zusatz hinter der Modellbezeichnung. Darauf dürfen wir uns allerdings nicht verlassen, dass diese am Auto ist. - Rettungskarte: Mit etwas Glück hat der Fahrzeughalter eine Rettungskarte in gedruckter Form hinter der Sonnenblende versteckt. Dann kann die Feuerwehr auf Anhieb feststellen, ob ein Hochvoltsystem verbaut ist und wo die einzelnen Komponenten zu finden sind.
Manche Hersteller bringen hinter der Windschutzscheibe einen QR-Code an, der dann auf die für das Fahrzeug passende Rettungskarte verweist.
Kann man das Fahrzeugmodell identifizieren, dann kann man per Smartphone die Rettungskarte für dieses Modell suchen und weitere Informationen herausfinden. Der Tüv bietet eine Seite, bei der er auf die Rettungskarten der verschiedenen Hersteller verlinkt. - Hochvoltleitungen: Da der Strom aus der Batterie ja irgendwie zum Motor muss, sind diverse Hochvoltleitungen im Fahrzeug verlegt. Diese sind immer orange und somit leicht zu identifizieren. Sieht man also am Unterboden oder im Motorraum diverse orange Kabel, so ist mit einem Hochvoltfahrzeug zu rechnen.
- Achtung Hochspannung! Diese Aufkleber findet man dann auch an diversen hochvoltführenden Teilen im Fahrzeug
Welche Gefahren gibt es bei Hochvoltfahrzeugen?
Die Bergung von Hochvoltfahrzeugen kann mit bestimmten Gefahren verbunden sein, da diese Fahrzeuge über eine Hochvoltbatterie verfügen. Hier sind einige potenzielle Gefahren bei der Bergung von Hochvoltfahrzeugen:
- Elektrischer Schlag: Die Hochvoltbatterie eines Fahrzeugs kann gefährliche Spannungen enthalten. Bei unsachgemäßer Handhabung oder Beschädigung der Batterie besteht das Risiko eines elektrischen Schlags für die Rettungskräfte oder Bergungsteams. Jedoch sind die Hochvoltsysteme mit mehreren Sicherheitsvorkehrungen ausgestattet. So schaltet das HV-System sofort ab, sobald ein Kabel nur leicht angekratzt und die Schirmung beschädigt ist. Außerdem ist das System als IT-System ausgeführt. IT steht für Isoladet Terra, was bedeutet, dass die Hochvoltbauteile keine Verbindung zur Karosserie haben. Damit durch den menschlichen Körper kein gefährlicher Strom fließen kann sobald man 2 beschädigte Bauteile gleichzeitig berührt, ist auch ein Potentialausgleich an jedem Hochvoltbauteil verbaut.
- Brandgefahr: Bei einem Unfall oder einer Beschädigung des Fahrzeugs kann es zu einem Brand kommen. Die Hochvoltbatterie kann dabei zusätzliche Gefahren darstellen, da sie brennbare Materialien enthält. Es ist wichtig, dass die Rettungskräfte über geeignete Löschmittel und -techniken verfügen, um solche Brände zu bekämpfen.
- Chemische Gefahren: Die Hochvoltbatterien in Elektrofahrzeugen enthalten chemische Substanzen wie Lithium-Ionen, die bei Beschädigung austreten können. Diese Substanzen können giftig oder ätzend sein und erfordern besondere Vorsichtsmaßnahmen bei der Bergung.
- Verletzung durch ungewolltes Bewegen des Fahrzeuges: Da Elektrofahrzeuge im Vergleich zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor leiser sind und keinen typischen Motorenlärm erzeugen, kann es schwierig sein, festzustellen, ob das Fahrzeug eingeschaltet oder in Betrieb ist. Kommt man dann bei der Rettung der Insassen versehentlich aufs Gaspedal, können hierdurch weitere schwere Verletzungen hervorgerufen werden.
Wie kann ich ein verunfalltes Hochvoltfahrzeug sichern, damit niemand gefährdet wird?
Ist es bei diversen Elektrofahrzeugen der ersten Stunde noch einfach möglich, die Zündung per Zündschlüssel zu deaktivieren, wird das bei rein als Elektrofahrzeug entwickelten Modellen schon etwas schwieriger. So gibt es bei vielen Fahrzeugen keinen Schlüssel mehr bzw. kann dieser nirgendwo im Auto eingesteckt und zurückgedreht werden. Diese Autos starten oft schon dann, wenn jemand am Fahrersitz sitzt und die Bremse betätigt. Bei Verlassen des Autos, schaltet dieses dann automatisch ab. Solange also der Fahrer auf dem Fahrersitz sitzt, kann das Fahrzeug noch immer aktiv sein.
Ebenso ist es mit der Handbremse. Diese wird bei den neuen Modellen durch eine elektrische Handbremse ersetzt. Im Idealfall kann diese per Schalter in der Mittelkonsole betätigt werden. Meist gibt es diesen Schalter aber auch nicht mehr und die Bremse wird automatisch vom Steuergerät betätigt, sobald das Auto dies für sinnvoll hält. Was das Steuergerät in der Unfallsituation macht, weiß man nicht sicher.
Dann stellen wir halt den Schalthebel auf P: Schalthebel auf „P“ bedeutet Parken und sorgt dafür, dass der Motor das Fahrzeug nicht mehr bewegen kann. Manche Autos haben noch einen „richtigen“ Ganghebel in der Mittelkonsole, andere Fahrzeuge haben einen Wählhebel am Lenkrad. Hier ist es dann so, dass durch Drücken des Tasters am Wählhebel außen, die Parksperre betätigt wird und außerdem auch die Handbremse angezogen wird. Bei den Elektromodellen von Audi, Cupra und Skoda bedindet sich ein Taster in der Nähe des Gangwahlschalters in der Mittelkonsole, welcher sowohl die Handbremse betätigt als auch die Parksperre aktiviert.
In der Rettungskarte finden man auch angaben dazu, wie man ein Elektroauto sichern kann.
Bilderstrecke e-UP!
Bilderstrecke Audi Q4 e-tron
Bilderstrecke Tesla Y
Wie kann ich ein Hochvoltfahrzeug spannungsfrei schalten?
Jetzt wird es im wahrsten Sinne des Wortes „hochspannend“!
Wie kann ich auf Nummer sicher gehen, dass das Auto nicht mehr unter Hochspannung steht und die Rettungskräfte nicht durch einen Stromschlag verletzt werden können?
Erkennt das Airbagsteuergerät eine Hochvoltfahrzeuges einen Unfall, so wird das Hochvoltsystem sofort spannungsfrei geschalten. Somit würde also keine Gefahr bestehen. Aber hat es das Airbagsteuergerät auch noch rechtzeitig geschafft, bevor die Leitplanke die Platine des Steuergerätes durchbohrt hat?
Da man Strom nicht riechen und sehen kann (wenn doch, dann wahrscheinlich das letzte Mal) muss auf Nummer sicher gegangen werden. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- Stilllegung des 12V Bordnetzes:
Dies kann durch Abklemmen der 12V Batterie erfolgen. Lage siehe Rettungskarte. Da die Hochvoltkomponenten über ein Steuergerät mit 12V Anschluss gesteuert werden, wird das HV System hier auch heruntergefahren. - Öffnen der Pilotlinie:
In den Hochvoltleitungen ist neben den hochspannungsführenden Leitungen noch eine zusätzliche Niederspannungsleitung verbaut. Diese bildet eine Reihenschaltung durch die einzelnen HV-Komponenten und ist zuständig für das Schalten des Hauptschützes in der Hochvoltbatterie. Wird also ein Stecker im Hochvoltsystem abgesteckt, wird bevor die Hochvoltleitungen getrennt werden, erst die Pilotlinie geöffnet und somit die Hochspannung abgeschalten, damit es zu keinem Funkenflug kommen kann. Viele Hersteller verbauen im Motorraum noch einen Stecker, mit dem man durch das Ziehen des Steckers die Pilotlinie trennt und somit die HV System herunterfährt. Sehr schön kann man das auch hier und hier sehen. - Ziehen der Sicherung für die Steuerung der Hochvoltkomponenten:
Bei vielen Modell kann das HV System durch Ziehen einer gekennzeichneten Sicherung im Sicherungskasten heruntergefahren werden. - Ziehen eines Notsteckers direkt in der Hochvoltbatterie: Andere Hersteller haben einen „Service Disconnect“ Stecker, bei dem tatsächlich die Hochvoltleitungen unterbrochen werden.
Aufnahmeklötze
Fazit: Rettungskarte rettet Retter und somit Verletzte!
Keiner kann sich die Stilllegungsmethoden verschiedenster Modelle merken. Kuriositäten wie bei Tesla kommen dann noch hinzu: Um die Pilotlinie zu trennen, muss man den „Frunk“ öffnen. Dies ist die Bezeichnung für den vorderen Laderaum. Hierfür gibt es aber keinen mechanischen Hebel im Innenraum. Entweder man öffnet per App oder per Tablet im Innenraum. Da die Rettungskräfte keinen Zugriff auf die App der Verunfallten haben, bleibt nur noch der Bildschirm im Innenraum. Ist dieser defekt oder ohne Funktion, geht das schon mal nicht. Tesla hat sich hierfür aber was einfallen lassen. Durch Entfernen der Abschleppöse vorne, kommen 2 Kabel zum Vorschein. Sobald man diese mit 12 V speist, öffnet die Frontklappe und man hat Zugriff zur Pilotlinie. Ohne Rettungskarte hat man hier keine Chance.
Beispiele für Rettungskarten:
Tesla Rettungskarte Tesla Model Y auto hirsch
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